Lange, Kurt

die Seiten sind gebräunt, der Einband ist felckig, der Rücken ist kaputt, die Einbandecken sind bestoßen, Namenseintrag, Dieses Münzbuch ist gleich seinen beiden die antike Münzkunst behandelnden Vorgängern aus der Freude am Kunstwerk und der Ehrfurcht vor dem Geschichtsdenkmal hervorgegangen. Dazu gesellt sich der Wunsch, in stilpsychologischem Abtasten der Formelemente Seelenregungen aufzuspüren, die von Zeiten Zeugnis ablegen, die uns vor allen teuer sind: den Zeiten eigenen nationalen Drängens und Werdens, den Tagen unserer archaischen und klassischen Frühe. Wie so oft bei der Zwiesprache mit den Zeugnissen des Altertums, wenn die Quellen verstummen und die Werke der Bildkunst in ihrer Kargheit oder Trümmerhaftigkeit keine Auskunft mehr zu erteilen vermögen, redet die metallene Formensprache der Münze klar und eindeutig von dem, was insgeheim die Volksseele bewegte. Ja, ihr Bericht ist hier um so unmittelbarer, als in den chaotischen und gestaltenden Zeiten, die der Begriff Mittelalter zusammenfaßt, auf weite Strecken hin keine künstlerische Übereinkunft hinsichtlich der Ausdrucksweise besteht, die den Gehalt bändigt und beschränkt. Die Zuckungen des Wollens und Empfindens, im Bereich der Mittelmeerländer früh von einem hohen Willen beherrscht, das Elementare in die Würde beständiger Form zu kleiden, hier führen sie immer wieder ungestüm und aufschlußreich den Stichel, wenn zugleich mit dem Willen eines starken Herrschergeschlechts die Bildkraft der Hofkunst erlahmt und die Regungen der Volksnatur unmittelbaren künstlerischen Ausdruck suchen. An maßvoller Schönheit kann die Münzkunst des Mittelalters sich nicht mit der des Altertums messen, deren verpflichtendes Erbe sie übernahm. ... (aus dem Buch) 1e2b