Das DDR Sandmännchen

"Unser Sandmännchen" kannten alle DDR-Bürger. Es gehörte seit der ersten Ausstrahlung im DDR-Fernsehen am 22.November 1958 zum Arbeiter- und Bauernstaat wie die SED, wie "Täve" Schur oder der Trabbi. Und das DDR-Sandmännchen war auch einer der wenigen Gewinner über den kapitalistischen Klassengegner in der BRD, denn es war eine Woche eher auf Sendung gegangen als der West-Sandmann.

1961 wurde die Produktion der kurzen Vorfilme des "Abendgrußes" intensiviert und erste Ansichtskarten mit dem bärtigen Publikumsliebling vom DDR-Fernsehfunk in Auftrag gegeben. Der VEB Progress Film-Vertrieb gab im selben Jahr eine erste Kartenserie heraus, die sehr schnell vergriffen war und heute bei den Spezialsammlern sehr gesucht ist. Und nur bei www.ddr-postkarten-museum.de kann man anhand zweier aufeinander folgender Karten sehen, wie die erste Sandmännchen-Puppe von 1958 und die 1961 veränderte zweite Sandmännchen-Puppe aussah.

Dem Verkaufserfolg Rechnung tragend, gab der DFF 1963 zwei privaten Verlagen den Auftrag, weitere Karten zu produzieren. Felix Setecki in Berlin gab eine 1963 bis 1965 produzierte, farbige Kartenserie und die Gebrüder Garloff in Magdeburg von 1963 bis 1969 rund 125 schwarz-weiße Sandmann-Postkarten heraus. Fotokarten kosteten 20 bzw. 25 und farbige meist 15 Pfennige. Die Garloff-Karten wurden im preiswerten Lichtdruckverfahren hergestellt und kosteten sogar nur 10 Pfennige. 1965 erschienen bei Garloff auch 6 Sandmann-Karten speziell zum 800-jährigen Bestehen der Leipziger Messe mit dem eigens für dieses Jubiläum und mehrere Abendgrußfilme kreierte „Messemännchen".

Der bedeutendste DDR-Postkartenverlag VEB Bild und Heimat produzierte 1964 erste Karten mit dem Sandmann für die DDR-Fluggesellschaft INTERFLUG und trat erst 1966 mit einer farbigen Serie als Konkurrent Garloffs auf - hatte dann mit rund 200 Kartenausgaben bis 1975 die zeitweilige Spitzenposition auf diesem motivischen Gebiet inne. Der Magdeburger Verlag gab 1969 letztmals neue Sandmann-Karten heraus und erlebte nach der Umwandlung in den VEB Bilddruck Magdeburg 1972 die Wiederaufnahme derartiger Kartenausgaben. Diese Aufgabe und den VEB Bilddruck übernahm 1973 der staatliche Planet-Verlag, der ab 1976 der alleinige Herausgeber neuer Postkarten mit dem Sandmännchen und den anderen Figuren des DFF-Kinderfernsehens war und bis 1990 blieb.

Wer die Sandmann-Karten sammelt, kann im Druckvermerk auf der Rückseite anhand der zweistelligen Jahreszahl und der Nummernblöcke leicht herausfinden, welche Nummern ihm noch fehlen. Angeboten werden die Karten sowohl auf Trödelmärkten, als auch bei Internet-Auktionen ab 1,- bis zu 20,- Euro! Ganz seltene Karten haben auch schon für fast 50,- Euro den Besitzer gewechselt.

 

Das Interessante an diesen Karten ist nicht nur der Wiedererkennungseffekt an die Sandmann-Filme, die man als Kind beim allabendlichen "Abendgruß des Fernsehfunks" sah, sondern auch all die Fahrzeuge wiederzusehen und den Umfang derer zu erfahren - so kam der Sandmann schon 1961 kurz nach dem ersten Weltraumflug des Juri Gagarin mit einem Raumschiff, später oftmals im Mondmobil "Lunochod", mal im Flugzeug, mal auf einem Floß, per Fallschirm oder Raddampfer, im Traktor, Bus, Hubschrauber oder mit der Straßenbahn. Auch im Sessellift, auf dem Moped "Schwalbe" und im Segelboot kam er. Selbstverständlich fuhr er auch mit dem Trabbi auf Hausbesuch, um Kinder mit seinem Sandsäckchen in den Schlaf zu helfen, aber auch zu Fuß, auf Skiern oder auf einem Esel reitend sah man ihn - und heute auf den nun schon 30 bis 50 Jahre alten Ansichtskarten.

Unser Sandmännchen verstreute nicht nur in der DDR seinen Sand, sondern auch bei den Eskimos, in Vietnam oder im Orient (wo er mit einem fliegenden Teppich anreiste -> siehe Bild oben) und auch in Afrika, wo er mit Jeep und seinem Freund dem Affen unterwegs war. Selbst den Märchenfiguren Rotkäppchen und Wolf, den Sieben Schwaben, Aschenputtel und dem gestiefelten Kater verhalf er in den Schlaf.

Zu bestaunen sind auf den Karten nicht nur die unzähligen von Harald Serowski gebauten Fahrzeuge, sondern auch die über 200 Puppen und all die anderen filigran gefertigten Accessoires für die Sandmann-Kurzfilme, die seit 1962 im stillgelegten Kino "Lichtburg" in Berlin-Mahlsdorf produziert wurden und bei denen man fast immer auch Fotos für die bei Kindern überaus beliebt gewesenen Ansichtskartenserien gemacht hatte. Die Fotos nahmen Mitarbeiter des Puppenstudios vom DFF und sogar auch der Leiter des selben und Schöpfer der 25 cm großen Sandmann-Puppe, der Kostümbildner Gerhard Behrendt, auf.


© Jürgen Hartwig - DDR-Postkarten-Museum

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